ABC Abwehr – leicht und luftbeweglich. Trend oder Notwendigkeit?

apf

14/06/2021

In der bipolaren Welt des Kalten Krieges war die Bedrohung durch nukleare, biologische und chemische Kampfstoffe stets präsent. Im Unterschied zu heute war die Verfügbarkeit auf staatliche Akteure begrenzt, die Hemmschwelle für den Einsatz wurde von beiden Seiten als sehr hoch eingeschätzt.

Schon seit Jahren registrieren zivile und militärische Sicherheitsorgane eine zunehmende Verbreitung von Kampfstoffen und damit einer zunehmenden ABC-Bedrohung, auch und vor allem durch nicht staatliche Akteure.

CBRN Light Reconnaissance Vehicle auf Basis eines Mercedes-Benz G-Modell. (Alle Fotos: em.tronic)
Heckansicht mit automatisiertem Probeentnahmesystem sowie einem automatisierten Markierungssystem.

Gleichzeitig verschieben sich die wahrscheinlichen Konfliktszenarien immer mehr in urbanes Gelände, so dass die schweren ABC-Abwehrkräfte wie z.B. der bewährte Spürpanzer FUCHS um kleinere, im Idealfall luftbewegliche ABC-Abwehrkräfte ergänzt werden müssen. NATO weiter Vorreiter ist die ABC-Abwehrtruppe der Bundeswehr mit der Aufstellung der beiden leichten, luftbeweglichen ABC-Abwehrkompanien. Je eine pro ABC-Abwehrbataillon. Diese stehen für Aufträge im Rahmen des nationalen Risiko- und Krisenmanagements (NatRKM) bereit. Sie stützen sich auf das Trägersystem Mungo ab. Erst am 24. Juli 2019 wurde ein Beschaffungsvertrag über sieben Serienfahrzeuge des Spür-Mungo unterzeichnet.

Für die Ausplanung der ABC-Abwehrkräfte entlang der Vorgaben des Fähigkeitsprofils für die Aufgabe Landes- und Bündnisverteidigung sind keine zusätzlichen leichten ABC-Abwehrkompanien vorgesehen. Dennoch muss der Mungo in absehbarer Zeit durch ein neues, luftverlastbares Fahrzeug ersetzt werden.

Innenansicht des Aufklärungsfahrzeuges, hier beim Mercedes-Benz G-Modell.

Der Einsatz der leichten A/C-Aufklärungskräfte wird mit einer Besatzung von drei Soldaten im Mungo durchgeführt. Dabei können während der Fahrt mögliche chemische Gefahrstoffe sowie ionisierende Strahlung in der unmittelbaren Umgebung gespürt werden. Bei Alarmierung können im stehenden Fahrzeug genauere Untersuchungen von Umgebungsluft und Bodenoberfläche durchgeführt werden, ohne das Fahrzeug verlassen zu müssen.

Ein Auftrag zur abgesessenen ABC-Aufklärung ist vorgesehen, wenn die zu untersuchende Umgebung für das Fahrzeug nicht zugänglich ist, und der Auftrag dies unbedingt erfordert.

Diese Fähigkeiten werden auch in Zukunft dringend notwendig sein, stellt die Bundeswehr fest: „Wegen der zunehmenden Bedrohung durch ABC-Kampfmittel ist eine fahrzeuggestützte ABC-Aufklärung mit schneller Verfügbarkeit unverzichtbar, um schnell auf unvorhersehbare bzw. zeitkritische ABC-Lagen reagieren zu können. Das lässt sich durch die Möglichkeit der Verlegung mit Hubschraubern oder Transportflugzeugen umsetzen. Die neun A-/C-Aufklärungssysteme leicht werden – auch im internationalen Verbund – einen wichtigen Beitrag leisten, um die Soldaten nicht nur nach einem A-/C-Einsatz, sondern auch präventiv gemäß den drei Säulen in der NATO Policy zur ABC-Abwehr (prevent, protect, recover) zu schützen.“

CBRN Light Reconnaissance Vehicle auf Basis eines IVECO LMV.

ABC-Aufklärungsfahrzeug

Die slowenische Firma em.tronic mit Sitz in Maribor hat auf diese Szenarien reagiert und ein entsprechendes CBRN (Chemical, Biological, Radiological and Nuclear; deutsch: ABC-Schutz) Reconaissance Vehicle auf Basis des Mercedes-Benz G-Modell entwickelt. Dieses wurde auch schon in den arabischen Raum verkauft.

Dank der Nutzung des G-Modells als Basis ist das Fahrzeug luftverlastbar als Außenlast unter den meisten Hubschraubern, wie zum Beispiel Sikorsky CH-53 D/E, Sikorsky CH-53K, Boeing CH-47 Chinook, etc. Das Gesamtgewicht der ungeschützten Variante liegt bei rund 3.500 Kilogramm. Aufgrund der Aufbauten kann das Fahrzeug nicht als Innenlast transportiert werden.

Das Fahrzeugkonzept sieht drei Fahrzeugvarianten vor, die ungeschützte mit dem Mercedes-Benz G-Modell, eine geschützte auf Basis des ACS Armoured Car Systems ENOK 5.4 (5,4 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht) und eine Variante mit einem modular anpassbaren Schutzkonzept. Auch der ENOK 5.4 oder sein größerer Bruder, der ENOK 6.2 nutzen als Plattform das Chassis des G-Modell. Die Schweizer Streitkräfte nutzen den ENOK bereits mit vier Fahrzeugen als Radiometrie-Spürfahrzeug.

Entsprechend der nach Kundenwunsch generierten Ausstattung und dem Spürkonzept besteht die Besatzung aus 3 oder 4 Soldaten (m/w/d). Gegliedert in Kommandanten, Fahrer und einem oder zwei Bediener der Spürausstattung.

Dank dem vorhandenen Bord-Netzwerk kann jeder Nutzer auf alle Daten und Subsysteme zugreifen. Die integrierte ANDA-Software von em.tronic ist ein spezielles Software-Tool, das die Funktionalität der Steuerung der Sensoren und der Datenverwaltung im CBRN-Fahrzeug sicherstellt. Dank der offenen Systemarchitektur können unterschiedlichste Erfassungs- und Analyseinstrumente integriert werden. Als Beispiel:

  • Bruker RAPID,
  • Bruker RAID-XP,
  • Bruker RAID-S2 MV plus,
  • Bruker MM2,
  • Flir IBAC 2,
  • Mirion RADIAC-LLR 202,
  • Wetterstation IRDAM MAWS 6056 mit integriertem digitalem Kompass und GPS.
  • Senzor Infiz DLO,
  • ABC-Markierungssystem, Probensammelsystem (em.tronic), etc.

Die Software verbindet die Bedienung der Sensoren mit den CBRN-Datenmanagement. So können automatisch georeferenzierte ABC-Vorfälle aufgezeichnet werden. Ein Vorfall wird automatisch ausgelöst, wenn einer der Sensoren einen ABC-Kampfstoff registriert. Gleichzeitig schlägt das System einen Alarm an und warnt so die Besatzung, welche eine ABC-Meldung erstellen und der übergeordneten Führungsebene meldet.

Sub-Systeme

Der IBAC 2 von FLIR ist ein vollautomatischer Detektor für biologische Kampfstoffe, der eine Luftüberwachung rund um die Uhr ermöglicht. Er alarmiert in weniger als 60 Sekunden, wenn eine biologische Bedrohung vorliegt, und löst einen bordeigenen oder entfernten Probenehmer aus, um eine Echtzeit-Probe für eine weitere Analyse zu sammeln. IBAC 2 ist weltweit im Einsatz, um alle vier Klassen biologischer Aerosolbedrohungen (Sporen-, Virus-, Zell- und Proteintoxine) zu sammeln und zu detektieren.

Die IRDAM MAWS Series 6056 Wetterstation misst Windgeschwindigkeiten, Windrichtung, barometrischen Druck, Umgebungslufttemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit. Zudem besitzt das System einen digitalen Kompass sowie ein integriertes GPS. Dank des Thermal Field Variation (TFV) Sensors können auch Berechnungen des Windes und damit die Verbreitung von Kampfstoffen berechnet und simuliert werden.

Der Bruker RAPID ist ein Detektor für chemische Kampfstoffe (Chemical Warfare Agents (CWAs)) und Industriegiftstoffe (Toxic Industrial Chemicals (TICs)). RAPID ist ein passives System, das dank des integrierten Scanners auch Fernerkundung über Entfernungen von bis zu 5.000 m in jeder Richtung eingesetzt werden kann. Damit können das Fahrzeug und die Besatzung sich in sicherer Entfernung aufhalten.

CBRN Standalone System.

Der MM2 Detektor von Bruker erkennt chemische Kampfstoffe oder Industriegifte. Er kann Proben vom Boden, aus der Luft oder im Wasser nehmen. Aufgrund seines geringen Gewichtes kann er mobil und stationär eingesetzt werden.

Das Mirion RADIAC-LLR 202 System ermöglicht die Echtzeit-Überwachung nuklearer Strahlung. Es kann am Fahrzeug sowie festinstallierten Punkten eingesetzt werden. Es detektiert und misst Gammastrahlung bis hinunter zu niedrigen Niveaus (L.L.R.) und bietet eine Alarmanzeige.

Dem Schutz der Besatzung dient das S-PG-70-A Filtersystem. Das System kann entweder im Belüftungs- oder im Filtrationsmodus betrieben werden, ohne dass ein Filterwechsel durchgeführt werden muss. Das System ist am Heck und außerhalb der geschützten Zelle angebracht, und produziert einen leichten Überdruck im Fahrzeug, um sicher alle Gefahrenstoffe draußen zu halten. Der Luftdurchsatz mit CBRN-Filterpatronen oder im Ventilationsmodus beträgt 120 m3/h.

Ebenfalls Am Heck ist das Probenentnahmesystem angebracht. Es kann Proben vom festen Untergrund, der Luft oder Wasser entnehmen, ohne das ein Besatzungsmitglied aussteigen muss. Alternativ wird ein Probenentnahmesystem mit zwei Entnahmemöglichkeiten angeboten.

Automatisierter Markierungssatz.

Teil der Gesamtausstattung ist zudem ein Markierungssatz. Das CBRN-Markierungssystem besteht aus einem Gehäuse mit drei rotierenden Ladern mit insgesamt (max.) 60 Markierungsfahnen. Jeder Lader kann maximal 20 Markierungsfahnen (chemisch, biologisch, atomar) aufnehmen. Der Bediener kann vom Fahrzeuginneren aus, den Knopf drücken, und die richtige Markierung auf den kontaminierten Boden setzen. Die Markierung kann auch automatisch geschehen und wird dann in einer grafischen Benutzeroberfläche angezeigt. Die Auswurfzeit einer Markierungsfahne beträgt weniger als eine Minute. Das Gesamtgewicht des gesamten Markierungssystems beträgt 80 kg.

Hersteller der Probenentnahmesystem und des Markierungssystems ist em.tronic.

Anton Kropec, Geschäftsfüher von em.tromic sagt: „Das Besondere an diesem Fahrzeugkonzept ist, daß es leicht, agil, flexibel und auf Wunsch geschützt ist. Dabei verfügt es über eine Detektionsfähigkeit, die vielen der größeren und schwereren Fahrzeuge überlegen ist.“

Ziviles CBRN Aufklärungsfahrzeug.

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