Vier Nationen, ein Ziel: Landes- und Bündnisverteidigung

apf

28/06/2021

Für die Division Schnelle Kräfte (DSK) aus dem hessischen Stadtallendorf ist die Übungsserie Griffin alle zwei Jahre der Schwerpunkt. Die Griffin-Serie unterteilt sich in White (Planübung), Red (Gefechtsstandsübung) und Green Griffin. Dabei ist Green Griffin der Abschluss und eine Volltruppenübung mit bis zu mehreren tausend Teilnehmern.

An der Übung Green Griffin nehmen mehrere tausend Soldatinnen und Soldaten aus den USA, Rumänien, den Niederlanden und Deutschland teil. Es werden gemeinsam auch luftbewegliche Operationen, wie hier mit dem niederländischen Hubschrauber CH-47 Chinook, trainiert. (Foto: Bundeswehr/Carl Schulze)

In der Division Schnelle Kräfte sind seit vielen Jahren schon die Fähigkeiten des deutschen und niederländischen Heeres im Bereich Luftbeweglichkeit und Luftlandeoperationen zusammengefasst. Bei Green Griffin 2021 soll dieser Kreis jedoch deutlich erweitert werden. Die Übung wird im Zeitraum September/Oktober im Osten Deutschlands stattfinden.

Der Auftakt dazu war im April dieses Jahres eine erste Übungskonferenz mit allen wichtigen Beteiligten. Das Übungsdesign der Griffin-Serie wurde entworfen, um die Fähigkeit zu intensiven Kampfhandlungen im Rahmen eines NATO Artikel-V-Szenarios der Landes- und Bündnisverteidigung aufzubauen und aufrechtzuerhalten.

„Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird …“, so beschreibt es der Artikel fünf des NATO-Vertrages für den so genannten Bündnisfall. Dieser erlaubt den NATO-Partnern, einen bewaffneten Angriff auf einen oder mehrere von ihnen in Nordamerika oder Europa als Angriff auf alle Mitglieder zu betrachten und verpflichtet sie damit zu Beistand.

Auch der Transport der deutschen Soldaten mit dem niederländischen CH-47 Chinook ist ein Bestandteil des gemeinsamen Übens. (Foto: Bundeswehr/Carl Schulze)

Großübung mit langer Vorbereitung

Am 23. Februar besuchte Major General Joe Jarrard, der stellvertretende kommandierende General der U.S. Army in Europe and Africa (USAREUR-AF), die Division Schnelle Kräfte in Stadtallendorf. Sein Interesse galt der Vertiefung der deutsch-amerikanischen Kooperation. Die USAREUR-AF hat ihren Sitz in Wiesbaden/Hessen. Bei diesem Besuch wurde die Teilnahme amerikanischer Einheiten verabredet. Die amerikanischen Farben werden vertreten durch die 12th Combat Aviation Brigade (12th CAB).

Das gemeinsame multinationale Ziel ist, die Interoperabilität zu überprüfen und weiter zu verbessern. Denn die Herausforderung der Landes- und Bündnisverteidigung wird nur gemeinsam zu stemmen sein. Anlässlich der Übungskonferenz wurden jetzt die logistischen Anforderungen, die Führungs- und Steuerungsanforderungen, die Interoperabilität festgelegt und überprüft. Interoperabilität bezeichnet die Eigenschaft eines Systems, mit anderen Systemen kooperieren zu können. Also, können beispielhaft die U.S. Hubschrauber die deutschen oder niederländischen Außenlasten aufnehmen, usw. Zudem wurden die Übungsräume für Green Griffin erkundet.

Neben den deutschen und niederländischen Teilnehmern der DSK und der Abordnung der 12th CAB waren auch zwei Soldaten der 81. Mechanisierten Brigade aus Rumänien vor Ort. Auch diese wird sich 2021 an der Übung beteiligen. So kommen zur bisherigen bi-nationalen Volltruppenübung als Kampfkraftmultiplikatoren jetzt amerikanische Heeresflieger sowie die mechanisierte Infanterie aus Rumänien hinzu. Dies schafft ein optimales Übungsumfeld, das die sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen den NATO-Staaten intensiviert und die Interoperabilität erheblich verbessert. Major Nicklaus C. Franck, US-amerikanischer Austauschstabsoffizier in der DSK betont: „Die größte Herausforderung ist die Interoperabilität. Das fängt schon bei der Sprache an, geht über die Funkgeräte bis hin zu den unterschiedlichen Vorschriften. Mit der 12th CAB sind wir jetzt vier Nationen, das heißt aber auch vier unterschiedliche Doktrinen“. Und Generalmajor Andreas Hannemann, Kommandeur der DSK, ergänzt: „Wir müssen weiterhin die Bereitschaft aufbauen und aufrechterhalten. Das Risiko durch COVID müssen wir dabei möglichst klein halten, aber es darf uns nicht von unserem Kernauftrag abhalten. COVID ist kein Grund, nicht zu üben. Klar ist aber auch: Green Griffin wird nicht die Übung sein, wie wir sie uns wünschen, wir müssen auch hier anpassen. Es wird Einschränkungen geben, so wird der Fokus auf verdichteter Ausbildung liegen. Wir müssen uns der Situation anpassen, um das Maximum an Trainingseffekt in den taktischen Vignetten herauszuholen.“

Die Soldaten der 11 Luchtmobielen Brigade der niederländischen Streitkräfte sind ein integraler Bestandteil der deutschen Division Schnelle Kräfte. Hier bei einem Raid gegen mutmassliche Aufständische. (Foto: Bundeswehr/Carl Schulze)

Die Verbündeten

Die 12th Combat Aviation Brigade gehört zur U.S. Army und dort zum V. Korps. Sie wurde 1965 aufgestellt und befindet sich seit 2013 erneut in der Katterbach Kaserne in Ansbach, Deutschland. Sie besteht aus einer Headquarters Company (Stabskompanie), dem 1-3rd Attack Battalion mit dem Boeing AH-64D Apache Kampfhubschrauber sowie dem 1-124th Aviation Battalion, das mit Sikorsky UH-60M Blackhawk, der Boeing CH-47F Chinook sowie HH-60A+ Blackhawk ausgestattet ist. Außerdem werden die Flugzeuge Beechcraft C-12U Huron und UC-35 (Cessna Citation V) genutzt. Bei den HH-60A+ Blackhawks handelt es sich um die Maschinen für den Medical Evacuation (MedEvac) Auftrag. Die 12th CAB und ihre MedEvac-Maschinen waren auch die, die die verletzten deutschen Soldaten während des Karfreitagsgefechtes am 2. April 2010 unterstützt und ausgeflogen haben. Daher besteht schon länger eine innige Beziehung zwischen der Division Schnelle Kräfte und der 12th CAB.

Ein weiterer Vorteil hier: Auch die niederländische Luftwaffe nutzt die Luftfahrzeugmuster AH-64 Apache und CH-47 Chinook zur Unterstützung der 11 Luchtmobielen Brigade (11 LMB) und von Spezialkräften. Die 11 LMB ist integraler Bestandteil der DSK.

Die Medical Evacuation-Fähigkeit, also die Fähigkeit Verwundete zu bergen und auszufliegen, entscheidet über Leben und Tod und ist wesentlich für die Einsatzfähigkeit. Das muss auch multinational geübt werden. (Foto: U.S. Army)

Major Nicklaus C. Franck betont: „Die Mission Essential Task List der 12th CAB und der 11 LMB sind sehr ähnlich und ergänzen sich perfekt. Hier trifft Infanterie auf Flieger, und beide benötigen einander.“ Die Mission Essential Task List (METL; Deutsch: missionskritische Aufgabenliste) sieht folgende Operationen für die 12th CAB vor: Reconnaissance Operations, Security Operations, Air Movement Operations, Aeromedical Evacuation Operations, Offensive Operations sowie Expeditionary Deployment Operations (EXP DEP OPs).

Der Kampfhubschrauber Apache wird sowohl von den niederländischen als auch den amerikanischen Streitkräften genutzt. Dadurch können sich die Besatzungen intensiv austauschen und voneinander lernen. (Foto: U.S. Army)

Die 81. Mechanisierte Brigade der rumänischen Streitkräfte wurde im März 1995 aufgestellt und ist seit Februar 2017 über das Framework Nation Concept an die Division Schnelle Kräfte angegliedert. Der traditionsreiche Verband des rumänischen Heeres besteht aus sechs Bataillonen, darunter das 814. Panzerbataillon (mit TR-55 100 AM Kampfpanzern), das 811. und 812. Infanteriebataillon (mit Truppentransportpanzer APC-B 33 ZIMBRU, APC-77 sowie APC C-79 RECCE), das 817. Artilleriebataillon (gezogene Rohrartillerie), das 405. Logistikbataillon und das 3. Flugabwehrbataillon mit ehemaligen deutschen Flugabwehrkanonenpanzer Gepard B2L Systemen. Darüberhinaus verfügt die Brigade über Mörser- und Minenlegefähigkeiten. Die 81. Mechanisierte Brigade ist seit 1. März 1997 Teil der rumänischen Rapid Reaction Forces und der erste rumänische Verband mit NATO Interoperabilität/Zertifizierung. Geplant ist, die Zusammenarbeit zwischen den deutschen und den rumänischen Streitkräften weiter zu vertiefen.

Rumänien wird an Green Griffin mit einer Kompanie, rund 130 Soldaten, 13 Armoured Personnel Carrier (Truppentransportpanzer) und sechs Lkw teilnehmen.

Die Planungskonferenz legte auch fest, welche Nation welche taktischen Aufgaben übernehmen kann und wie die Feindlage aussieht. Rumänien beantragte, auch komplexe Übungsaufgaben zu übernehmen. So können die mechanisierten Kräfte neben dem Schutz des Forward Arming and Refuelling Point (FARP) auch Angriffsoperationen in der Tiefe des Raumes durchführen. Interessant wird die diesjährige Green Griffin Übung auch deshalb, weil hier „Joint“ und „Combined“ Operationen zwischen Luftlandekräften, Heeresfliegern, der niederländischen Luftwaffe und der mechanisierten Infanterie aus Rumänien als „Deep Operations“ durchgeführt werden können. Unter Beteiligung von vier Nationen.

Die Griffin Serie bietet daher die optimale Übungsmöglichkeit, um die Interoperabilität zu verbessern und die Einsatzbereitschaft durch die Mission Essential Task List auf der Divisions- und Brigadeebene gegenseitig zu fördern. Major Nicklaus C. Franck dazu: „Hoffentlich entsteht daraus für die Zukunft eine feste Partnerschaft“. Und Generalmajor Andreas Hannemann ergänzt: „Train as you fight, was nicht geübt wird, klappt nicht.“ Auch am Himmel wird wieder viel los sein. So bringen die niederländischen Streitkräfte drei Boeing CH-47 Chinook, fünf Boeing AH-64 Apache und eine C-130 Hercules mit. Die 12th CAB wird auf zwei CH-47, zwei Sikorsky HH-60 Blackhawk und vier AH-64 zurückgreifen, während Deutschland vier Airbus NH90 und zwei CH-53 stellt. Mit der Airmobile Task Force Very High Readiness Joint Task Force 2023 (ATF VJTF) wird es eine Übung in der Übung geben. An dieser werden neben rund 500 Soldaten vier NH90, vier Airbus Kampfhubschrauber Tiger sowie ein Zug Panzergrenadiere mit dem Schützenpanzer Marder teilnehmen.

Autorenteam Division Schnelle Kräfte

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