Blick über den Tellerrand: Cannabis-Legalisierung. Und dann?

apf

29/11/2021

Vergangene Woche hat eine Information aus den Koalitionsverhandlungen von SPD, Grüne und FDP kurz hohe Wellen geschlagen. Die Legalisierung von Cannabis sei wohl beschlossene Sache. Wie diese Legalisierung genau aussieht und wann sie umgesetzt wird, scheint allerdings noch nicht beschlossen zu sein. Die Verhandlungspartner der kommenden „Ampel-Koalition“ sind sich aber alle einig, dass die Kriminalisierung beendet werden muss und ein legaler staatlich regulierter Markt für alle Interessensgruppen am vorteilhaftesten ist.

Doch wie kann sich so eine Legalisierung auf Deutschland auswirken?

Zunächst die derzeitige Lage: Der Konsum von Marihuana ist in Deutschland für Zivilisten erlaubt. Besitz und Verkauf gelten jedoch bislang als Straftaten. Außerdem können Stoffe, die in Folge des Konsums von Cannabis im Blut bleiben, beim Führen von Fahrzeugen zu Strafe führen. Das wird sich mit einer Ampelregierung vermutlich ändern – wenn auch nicht für Jeden.

Für die Auswirkung auf die Streitkräfte hilft ein Blick über den Tellerrand. Andere Staaten, in denen Cannabis bereits legalisiert ist, oder die im Prozess der Legalisierung sind, bieten interessante Ansätze, an denen man sich orientieren kann.

Zunächst aber kurz zum Rauschmittel Cannabis. Cannabis gehört zu den Hanfgewächsen. Es verändert die Wahrnehmung, senkt die Schmerzempfindlichkeit und kann ein Hochgefühl  hervorrufen. Zu den üblichen Wirkungen gehören auch Müdigkeit, Schwindel, eine verwaschene Sprache, Mundtrockenheit, ein reduzierter Tränenfluss, Entspannung des Muskelapparats sowie eine Steigerung des Appetits. Die berauschende Wirkung der Pflanze beruht vor allem auf den in ihr enthaltenen Cannabinoiden, besonders auf THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol), das eine starke psychoaktive (psychotrope) Wirkung besitzt, und daher Einfluss auf das zentrale Nervensystem und auf die Psyche nimmt.

Abhängig vom Umfang der Legalisierung könnte Kanada beispielsweise als Vorbild taugen. In Kanada gelten für Angehörige der Streitkräfte ein paar einfache Regeln.

Angehörige der Streitkräfte dürfen Cannabis konsumieren. Der Konsum unterliegt dabei folgenden Einschränkungen:

  • 8 Stunden vor Dienstbeginn für alle Angehörigen des Militärs
  • 24 Stunden vor Dienstbeginn für alle Personen, die an oder mit einer Waffe oder einem Fahrzeug arbeiten
  • 28 Tage vor Dienstbeginn für Personal, das Hochrisikoaufgaben wie Freifallsprungdienst, fliegerischer Dienst oder Dienst unter Wasser hat
  • Ein komplettes Verbot bei Einsatzverpflichtungen im In- und Ausland.

Darüber hinaus können für bestimmte Dienststellen und Verwendungen zusätzliche Einschränkungen durch das Verteidigungsministerium erlassen werden.

Hierbei ist wichtig, dass Konsum von den Streitkräften durch die Administrative Order 9004-1 wie folgt definiert wird: „Rauchen, Verdampfen, Einnahme oder Aufnahme auf andere Weise in den Körper.“

Nach den Plänen der neuen Regierung soll der Rausch in Zukunft legal sein. Gilt das auch für Angehörige von Militär und Polizei?

Beispiele aus dem Ausland

Alternativ haben wir die Beispiele USA und Uruguay. In den USA ist Cannabis in knapp einem Drittel der Bundesstaaten legal und eine bundesweite Legalisierung in den nächsten Jahren nicht unwahrscheinlich. Für US Militärangehörige ist der Konsum aber vollkommen verboten und das Department of Defence führt eine Null-Toleranz Strategie.

Die Strafbarkeit des Drogenkonsums wird für Angehörige des US-Militärs durch einen einzigen Artikel des Uniform Code of Military Justice geregelt, der als Höchststrafe die unehrenhafte Entlassung und zwei Jahre Haft für jeden vorsieht, der „unrechtmäßig [Drogen] verwendet, besitzt, herstellt, vertreibt“ oder „importiert“. Hierbei ist zu beachten, dass Drogen in diesem Kontext alle regulierten Substanzen, einschließlich Opium, Kokain, Heroin, Methamphetamin und eben auch Marihuana zusammenfasst.

In Uruguay wurde Cannabis 2014 legalisiert. Dabei wurde der Anbau von Cannabis, welches lediglich in lizenzierten Apotheken erworben werden kann, unter die Obhut des Militärs gestellt. Die nationalen Cannabis-Plantagen befinden sich auf militärischen Anlagen und werden von den Landstreitkräften bewacht. Darüber hinaus übernimmt das Militär Uruguays auch die Logistik in der Lieferkette. Um sicherzustellen, dass keine Mafiabanden die Droge stehlen oder vernichten könnten, um so den Schwarzmarkt wiederzubeleben, wird der Stoff in bewaffneten Konvois transportiert und verteilt. Für Militärangehörige selbst gilt allerdings eine eher schwammige Gesetzeslage. Cannabis ist laut Erlass 10/018, der „Richtlinie zum Konsum von Tabak, Alkohol und Drogen“ de facto gleichgestellt mit Alkohol. Ein Erscheinen zum Dienst unter Einfluss der Substanz ist ein Dienstvergehen. Dafür ist die Strafe beim Begehen der Dienstgeschäfte unter Cannabiseinfluss die gleiche wie unter Einfluss von illegalen Drogen wie Opium oder Kokain, jedoch gilt hier eine Rückstellungsregel, dass das Vergehen erst bei Wiederholung der Tat nach dieser Strenge zu ahnden ist. Das gibt den Vorgesetzten einigen Ermessensspielraum. Auch ist keine klare Frist wie in Kanada festgelegt, in der vor Dienstbeginn der Konsum untersagt ist.

Wie eine Reform in Deutschland aussieht und welche Auswirkungen sie auf die Bundeswehr hat, bleiben aber erst mal offen. Fraglich ist auch die Akzeptanz des Stoffes als Genussmittel in den Reihen des deutschen Militärs. Eine Legalisierung dürfte vermutlich aber dazu führen, dass Cannabis gerade als Therapiemittel zur Behandlung von Traumata akzeptierter werden könnte.

Autor: Frederik Ströhlein

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