Es gibt in der deutschen Bevölkerung eine Mehrheit für die Anhebung des Wehretats: Um 11,5 Milliarden Euro, also um rund 20 Prozent, könnte der Verteidigungshaushalt steigen. Diesen Wert haben Wissenschaftler der HWR Berlin in einer Studie ermittelt, die Wertschätzung und Zahlungsbereitschaft für Sicherheit in der deutschen Bevölkerung untersucht.
Anhebung von Steuern für nationale Sicherheit
Zur Abschätzung der Zahlungsbereitschaft wurde konkret nach einem Betrag gefragt, den die Teilnehmer für angemessen hielten. Selbst, wenn die Kosten für jeden Haushalt um 144 Euro pro Jahr steigen würden, etwa für größere Truppenstärke und Aufbau des Schutzschirms, wäre die Bereitschaft vorhanden.
„Im Ergebnis zeigt sich, dass weite Teile der Bevölkerung einer Anhebung von Steuern und Abgaben zur Finanzierung weiterer Maßnahmen zum Ausbau der nationalen Sicherheit und Verteidigung aufgeschlossen gegenüberstehen“, so die Autoren. Die Erhöhung der Truppenstärke um 25 Prozent wird von Anhängern der SPD und der Grünen besonders befürwortet, ebenso wie von der CDU. FDP-Anhänger sprechen sich vor allem für eine 50-prozentige Erhöhung aus.
Verschiedene Medien, unter anderem Die WELT, haben über die Studie berichtet, die den Titel „Der Wert von Sicherheit und nationaler Verteidigung: Eine Messung gesellschaftlicher Wertschätzung abhängig von Parteipräferenzen in Deutschland“ trägt und im „Wirtschaftsdienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik erschienen“ ist.
Industrie spürt Anstieg der Wertschätzung
„Die Gesellschaft erkennt, dass die freiheitlich-demokratische Wohlstandsordnung nicht kostenlos ist“, sagt Dr. Stefan Stenzel, Geschäftsführer des Technologieunternehmens VINCORION aus Wedel. „Wir in der Wehrtechnikindustrie spüren, dass die Wertschätzung langsam steigt.“ Man weise aber bereits seit 30 Jahren darauf hin, dass Sicherheit ihren Preis habe. „Jetzt wird diese Erkenntnis langsam anerkannt.“
Noch sei nicht ganz klar, wie nachhaltig die Zeitenwende im politischen Berlin verankert sei. Stenzel: „Die Verteidigung hat weiterhin nicht die höchste Priorität.“ Bei der Beschaffung müsse man aber den Willen zum Tempo haben – ähnlich wie bei den LNG-Lieferungen, bei denen rasch neue Terminals für flüssiges Gas aufgestellt wurden.
Verteidigung besser ausstatten
Stenzel unterstreicht die Notwendigkeit, das Verteidigungsressort besser auszustatten. Er fordert eine umfangreichere Anhebung als die, die in der Studie der HWR Berlin ermittelt wurde. Die 100 Milliarden Euro im Sondervermögen sind nicht ausreichend, um die Lücken zu füllen, die durch die Einsparungen der vergangenen Jahre entstanden sind. Der Verteidigungshaushalt muss jährlich nicht um zehn oder elf Millionen, sondern um 20 bis 30 Milliarden Euro steigen.“
Stenzel betont, dass er dies nicht vom Zwei-Prozent-Ziel ableite, sondern von den Erfordernissen der Einsatzfähigkeit. Erst mit einem solchen Etat könne die Bundesrepublik die dringend für die Streitkräfte benötigte Menge an Waffen, Material, Munition und Ersatzteilen beschaffen, um die Soldaten der Bundeswehr gut auszurüsten.