Dienstzeitende für die Bell UH-1D „HUEY“ in der Bundeswehr

apf

23/06/2021

Am 23. Juni 2021 erfolgte der letzte Flug der „Huey“ in der Bundeswehr, damit geht eine Ära zu Ende. Und dies nach über 50 Jahren im Einsatz in den deutschen Streitkräften.

Teil der Sonderlackierung. (Alle Fotos: Bundeswehr)

Mit einem kleinen Festakt an der „Wiege der Hubschrauber“ in Bückeburg, verabschiedete die Bundeswehr die letzte Bell UH-1D und übergab sie an das Deutsche Hubschraubermuseum. Der Festakt fand am Heeresflugplatz Bückeburg und dem dort stationierten Internationalen Hubschrauberausbildungszentrum (IHTC) sowie im Beisein des Inspekteurs des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, statt.

Der letzte Flug der HUEY wurde begleitet durch eine Formation mit weiteren fünf unterschiedlichen Hubschraubern, aus allen Heeresfliegerverbänden, die die Sondermaschine „Goodbye Huey“ vor dem Heeresflugplatz Bückeburg empfangen und zur Abschlusslandung geleiteten. Für Generalleutnant Mais ist es eine besondere Ehre dem Festakt beizuwohnen, da er die Bell UH-1D selbst einige Jahre als Hubschrauberpilot flog. So wusste er in seiner Laudatio auch einige Anekdoten zu erzählen. Neben General Mais nahmen auch Brigadegeneral Ulrich Ott, Kommandeur Kommando Hubschrauber, Generalmajor Andreas Hannemann, Kommandeur Division Schnelle Kräfte (DSK), Brigadegeneral Andreas Pfeiffer, stellvertretender Kommandeur DSK, Oberst Bodo Schütte, Kommandeur des Internationalen Hubschrauberausbildungszentrums sowie viele weitere Gäste teil.

Nach über 50 Jahren Flugdienst bei Heer und Luftwaffe endet mit dem letzten Flug der Bell UH-1D eine Ära bei den Heeresfliegern und verlässt ein besonderes Luftfahrzeug die Bundeswehr. Vielen aufgrund des markanten Fluggeräusches auch bekannt unter dem Spitznamen „Teppichklopfer“, oder unter dem Beinamen „Huey“. Seit über 50 Jahren war dieser Hubschrauber zuverlässig bei Heer und Luftwaffe im Einsatz. 340 Exemplare wurden ab 1968 für die Bundeswehr beschafft. Über 2,3 Mio. Flugstunden wurden mit diesem Hubschrauber geflogen. Kein anderer Bundeswehrhubschrauber war öfters in der Luft. Die Maschine zeichnete sich durch hohe Zuverlässigkeit und solide Flugeigenschaften aus.

Die letzte Maschine mit ihrer Sonderlackierung auf der Good Bye Tour.

Generalmajor Andreas Hannemann, Kommandeur Division Schnelle Kräfte: „Die Huey ist für ihre Zuverlässigkeit bekannt. Ich habe viele Flüge mit ihr absolviert und auch unter widrigsten Bedingungen hat sie uns nie im Stich gelassen. Unsere amerikanischen Partner haben die Erfahrung gesammelt, dass die Bell zudem erstaunlich beschussfest ist. Auf diese Eigenschaft war ich glücklicherweise nie angewiesen.“

Generationen von Besatzungen wurden darauf ausgebildet und flogen die unterschiedlichsten Einsätze im In- und Ausland. Eingesetzt waren sie für den Personentransport, bei der Bekämpfung von Waldbränden, bei Hochwasser und als Search & Rescue (SAR)-Maschinen im Einsatz. Zuerst bei Heer und Luftwaffe und seit 2013 nach einer Umstrukturierung nur noch bei den Heeresfliegern.

Die letzte Maschine, mit der Kennnummer „73+08“ auf dem Heckausleger, bekam eine spezielle „Goodbye Huey“-Lackierung, und flog in der letzten Phase ihrer Dienstzeit nochmals zu zahlreichen ehemaligen Stationierungs- und Einsatzorten. Voraussichtlich ab August wird sie im Hubschraubermuseum Bückeburg zu bestaunen sein. In Bückeburg drehte sie nun eine letzte Runde – in Begleitung von Hubschrauberabordnungen aller Heeresfliegerverbänden. So kam je eine NH90 aus dem Transporthubschrauberregiment 10 und 30 sowie dem IHTC, eine Airbus H145 SAR, ein TIGER sowie eine H135 des IHTC.

Die Bell UH-1D war über viele Jahrzehnte hinweg das Lufttaxi der Infanterie. Hier bei Colibri 2004 mit der Luftlandebrigade 26 aus Saarlouis beim Repelling.

Die Bell UH-1D „HUEY“

Beginnend ab 1954 wurde der Hubschrauber durch die Bell Helicopter Coperation in den USA entwickelt. Es war damals einer der ersten Entwürfe eines Transporthubschraubers mit Turbinenantrieb. Die ersten Modelle hatten die Typbezeichnung Bell-204. Die U.S. Army und Anfragen der Ölindustrie waren die Antreiber für die Entwicklung dieses Mehrzweckhubschraubers. Der Erstflug der Bell-204 war im Oktober 1956. In den USA fand daraufhin eine mehrjährige Erprobung und Weiterentwicklung von Zelle und Triebwerk statt. Aus der Bell-204 wurde die Bell-205 mit verlängertem Rumpf und stärkerem Triebwerk entwickelt. Der Hubschrauber erflog in dieser Zeit zahlreiche Rekorde und bewährte sich sehr. Ab August 1963 fand die Einführung der Maschine in großer Stückzahl in die U.S. Army statt. Die Maschine wurde von 1963 bis 1973 auch im Vietnam Krieg eingesetzt. Aus der Bezeichnung „UH“ für „Utility Helicopter“ entstand der Spitzname „Huey“ der sich bis heute gehalten hat. Insgesamt wurden bei Bell und bei zahlreichen Lizenznehmern ca. 16.000 Maschinen weltweit gebaut.

Die junge Bundeswehr hatte gleich mit Aufstellung 1956 auch Bedarf an verschiedenen Hubschraubertypen. Anfänglich waren alle Maschinen mit Kolbentriebwerk ausgerüstet. Bereits Anfang der 60er Jahre machte man sich Gedanken, welche Turbinenhubschrauber für welche Zwecke in der Bundeswehr benötigt werden. Im Frühjahr 1963 begann an der Heeresfliegerwaffenschule in Bückeburg ein umfangreicher Test mit drei Bell UH-1D der U.S. Army. Dabei wurden auch bewaffnete Varianten untersucht. 86 verschiedene Transport- und Einsatzprofile wurden mit den Maschinen erprobt und ausgewertet. In dieser Zeit wurde ein Bedarf von 406 Maschinen für Heer, Luftwaffe, Marine und Bundesgrenzschutz angedacht. Letztendlich kam es 1965 zu einer Bestellung von 356 Maschinen für Heer, Luftwaffe und Bundesgrenzschutz. Die Maschinen wurden überwiegend in Deutschland in Lizenzfertigung hergestellt (352). Hauptauftragnehmer war Dornier. Die Lizenzfertigung der Lycoming Triebwerke übernahm KHD in Oberursel. Zahlreiche weitere Firmen waren als Unterauftragnehmer beteiligt.

Aber natürlich wurde aus der HUEY auch abgesetzt. Hier heißt es ab in die Tiefe bei der Sprungausbildung der Kampfschwimmer in Eckernförde.

Das Heer bekam ab 1967 204 Maschinen und rüstete damit zahlreiche Verbände aus. Die Ausbildung der Besatzungen fand in Bückeburg und bei der U.S. Army in Fort Rucker, Alabama, statt. In der Endstruktur vor der Wiedervereinigung waren die Maschinen auf drei reinrassige „Leichte Transporthubschrauberregimenter“, in Neuhausen o.E, Niederstetten und Faßberg, und auf das gemischte Regiment in Itzehoe/Hohenlokstedt verteilt. Im Heer wurde vorwiegend die Infanterietruppe geflogen und luftbeweglich gemacht. Fallschirmjäger, Luftlandetruppe, Gebirgsjäger und Jäger waren die Hauptkunden für Personal- und Materialtransporte. Auch als Sanitätshubschrauber war die Huey im Einsatz, und konnte mit bis zu sechs Krankentragen ausgerüstet werden. Die Luftwaffe bekam ab 1968 132 Maschinen und setzte diese für unterschiedliche Zwecke ein. Einige wenige Maschinen kamen zur Flugbereitschaft, und waren dort hauptsächlich im VIP-Transport des politischen Bereichs im Einsatz. Viele Maschinen wurden in der SAR-Rolle eingesetzt, dabei sind diese Hubschrauber praktisch wie ein ziviler Rettungswagen ausgestattet und haben zudem einen medizinischen Notarzt an Bord. Hinzu kommt für Bergungen eine ausschwenkbare Rettungswinde an Bord. Ein weiteres Aufgabengebiet bei der Luftwaffe waren Verbindungs- und Versorgungsflüge, u.a. auch zu den vielen Radarstationen entlang des „Eisernen Vorhangs“.

Nach der Wiedervereinigung reduzierte sich auch die Anzahl der Hubschrauber bei Heer und Luftwaffe. Im Heer flogen die HUEY’s ab Mitte der 90er Jahre nur noch in den verbliebenen Regimentern in Faßberg und Niederstetten. Ausbildung wurde weiterhin in Bückeburg betrieben. Die Luftwaffe reduzierte ihre SAR-Kommandos, zog sich aus der luftgestützten Primärrettung an den Standorten Hamburg, Koblenz und Ulm zurück, und auch die luftwaffenspezifischen Transportaufgaben wurden weniger. Das frühere Hubschraubertransportgeschwader 64 wurde im Laufe der Zeit aufgelöst, und die Luftwaffe verteilte die HUEY’s auf die drei Lufttransportgeschwader in Hohn, Wunstorf und Penzing.

Auch in den Auslandsweinsätzen der Bundeswehr kam dieses Hubschraubermuster zum Einsatz. Beginnend 1991 im Rahmen der Kurdenhilfe, danach beim UN-Stabilisierungseinsatz in Somalia 1993 und über viele Jahre auf dem Balkan, bei verschiedenen Missionen wie IFOR, SFOR, KFOR oder EUFOR.

Die Bell UH-1D wurde in den vergangenen Jahren bereits durch moderne Luftfahrzeuge ersetzt. Mit dem „Fähigkeitstransfer Hubschrauber“ wurde beschlossen, dass alle HUEY’s der Bundeswehr zum Heer kommen. Nachdem in Faßberg bereits die Umstellung auf NH90 lief, war das Transporthubschrauberregiment 30 in Niederstetten der einzig verbliebene HUEY-Verband. Dort flog die Bell UH-1D noch bis 2016 als Transport- und SAR-Hubschrauber, und danach nur noch in der 7. Staffel als SAR-Hubschrauber an den drei Kommandos in Niederstetten, Nörvenich und Holzdorf. Auch diese Ära endete im April 2021, als das letzte SAR-Kommando in Holzdorf auf das neue Muster H145 Light Utility Helicopter Search and Rescue (LUH SAR) umstieg.

Nach der technischen Vorbereitung wird die letzte Maschine nach ihrer „Goodbye Huey- Tour“ und mit der Kennung „73+08“ in wenigen Wochen für immer im Museum geparkt.

Auf Wiedersehen, demnächst im Museum.

apf

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