Abschied vom Wiesel: Die Hauptwaffe des Wiesel 1 besteht aus einer einläufigen 20 mm-Maschinenkanone MK 20 Rh 202 von Rheinmetall.

Abschied vom Wiesel: Ein taktisches Leichtgewicht verlässt die Bundeswehr

Lutz Krieg

Die Hauptwaffe des Wiesel 1 besteht aus einer einläufigen 20 mm-Maschinenkanone MK 20 Rh 202 von Rheinmetall.

Foto: © Bundeswehr

Die Bundeswehr verabschiedet sich schrittweise von einem ihrer markantesten und flexibelsten Waffensysteme: dem Waffenträger Wiesel. Das leicht gepanzerte Kettenfahrzeug wurde speziell für die Luftlandetruppe entwickelt und gilt als eines der ungewöhnlichsten Fahrzeuge der deutschen Streitkräfte. Nach über 30 Jahren Einsatzgeschichte geht seine aktive Nutzung nun dem Ende entgegen.

Letzter Schuss in Bergen – Ende eines Kapitels

Am 17. April 2025 nahm der symbolische Abschied Gestalt an: Das Jägerbataillon 1 – hervorgegangen aus dem ehemaligen Jägerregiment 1 – gab auf dem Truppenübungsplatz Bergen den letzten dokumentierten Schuss mit dem Wiesel ab. Die Soldaten des Verbandes verabschiedeten sich im Rahmen eines feierlichen Appells von dem Mini-Panzer, der viele Jahre als Markenzeichen ihrer Truppe galt. Damit beginnt der finale Abschnitt einer Ausmusterung, die laut Plan bis spätestens 2030 abgeschlossen sein soll. Die Variante mit der 20-mm-Maschinenkanone (MK20), lange das Rückgrat der luftbeweglichen Feuerunterstützung, wird sogar bereits bis 2026 vollständig aus dem Dienst genommen. Der Schritt ist Teil eines umfassenden Strukturwandels, der auch mit neuen taktischen Anforderungen und moderneren Nachfolgesystemen zusammenhängt.

Ein Überblick über die Varianten

Der Wiesel wurde in verschiedenen Konfigurationen eingesetzt:

  • Wiesel 1 MK20: Ausgerüstet mit einer Rheinmetall 20-mm-Maschinenkanone, ideal für leichte Feuerunterstützung.
    • Gewicht: ca. 2,75 t
    • Länge: 3,55 m
    • Geschwindigkeit: ca. 70 km/h
  • Wiesel 1 TOW: Träger des Panzerabwehrlenkflugkörpers TOW
    • Reichweite der TOW: bis 3.750 m
    • Identische Fahrgestellparameter wie MK20
  • Wiesel 2: Erweiterte Version mit längerer Wanne und mehr Raum für spezialisierte Aufgaben
    • Gewicht: bis 4,78 t
    • Länge: 4,78 m
    • Varianten: Sanitätsträger, Führungsfahrzeug, Mörserträger, Pioniererkundung

Diese Vielfalt ermöglichte eine hochmobile, luftverladbare Unterstützung besonders für Fallschirmjägerkräfte. Der Wiesel konnte nicht nur mit Transportflugzeugen wie der C-160 Transall oder dem A400M verlegt, sondern in bestimmten Varianten auch aus Hubschraubern abgesetzt oder sogar im Rahmen luftmobiler Operationen abgeworfen werden – ein Alleinstellungsmerkmal im Fuhrpark der Bundeswehr. Hinzu kam: Durch seine geringe Größe und niedrige Silhouette war der Wiesel auf dem Gefechtsfeld schwer zu bekämpfen, konnte aber gleichzeitig – etwa in der TOW-Variante – auch gegen gegnerische Kampfpanzer eingesetzt werden. Diese Kombination aus Beweglichkeit, Zielwirkung und Unauffälligkeit machte ihn einzigartig unter den gepanzerten Systemen der Bundeswehr. Besonders die Sanitätsvariante Wiesel 2 SanTrp bleibt auch nach der allgemeinen Ausmusterung weiterhin in Nutzung – insbesondere zur Rettung und Erstversorgung von Verwundeten in unzugänglichem Gelände.

Nachfolger gesucht: Boxer und LuWa

Mit dem Auslaufen des Wiesel rückt nun der „Schwere Waffenträger Infanterie“ in den Fokus. Auf Basis des Radpanzers Boxer soll dieser ab 2025 als moderner Nachfolger eingeführt werden. Er bietet überlegene Panzerung, bessere Vernetzung und höhere Durchsetzungsfähigkeit. Geplant ist die Beschaffung von bis zu 123 Fahrzeugen.

Für die Luftlandetruppe ist zusätzlich das Projekt LuWa (Luftbeweglicher Waffenträger) von Bedeutung. Noch in der Entwicklungsphase, soll es einen luftverladbaren und möglicherweise auch unbemannten Nachfolger bieten – speziell für Einsätze, bei denen Masse und Gewicht entscheidend sind.

Zeitleiste: Meilensteine des Wiesel-Systems

  • 1989: Einführung des Wiesel 1 mit 20-mm-Maschinenkanone (MK20)
  • 1992: Einführung der TOW-Variante für Panzerabwehr
  • 2001: Beginn der Nutzung des erweiterten Wiesel 2 für Spezialfunktionen (SanTrp, FüFzg, Mörser, PiErk)
  • 2025: Letzter dokumentierter Schuss durch das Jägerbataillon 1 auf dem Truppenübungsplatz Bergen
  • 2025: Beginn der Einführung des Nachfolgers „Schwerer Waffenträger Infanterie“ (auf Boxer-Basis)
  • 2026: Administrative Außerdienststellung der MK20-Variante (operativer Einsatz bereits 2025 beendet)
  • 2030: Geplantes Ende der Nutzung aller Wiesel-Waffenträger

Ein System mit bleibender Bedeutung

Auch wenn der aktive Abschied vom Wiesel eingeleitet ist, wird seine Plattform nicht vollständig verschwinden. Neben dem sanitätsdienstlichen Bereich bleibt der Wiesel auch in Ausbildungs- und Spezialeinheiten präsent. Sein Erbe lebt darüber hinaus in der konzeptionellen Weiterentwicklung moderner leichter Waffenträger fort.

Der Wiesel steht exemplarisch für ein agiles, missionsspezifisches Fahrzeugkonzept – und für eine Ära, in der Mobilität, Luftverladbarkeit und taktische Vielseitigkeit zum Markenzeichen einer ganzen Truppengattung wurden.

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