In der westlichen Ostsee Februar 2025: Der im russischen Staatsbesitz befindliche
Doppelhüllen-Ölprodukttanker RFS General Skobelev (hier aus dem Mittelmeer
zurückkehrend) wurde 2008 in Dienst gestellt.
Foto: Michael Nitz/Naval Press Service
Brüssel, 14. Mai 2025 – Die Europäische Union hat im Rahmen ihres 17. Sanktionspakets gezielte Maßnahmen gegen die sogenannte russische „Schattenflotte“ beschlossen. Damit reagiert die EU auf die fortgesetzten Versuche Russlands, internationale Öl-Sanktionen zu unterlaufen und Einnahmen zur Finanzierung seines Angriffskriegs gegen die Ukraine zu sichern.
Definition: Was versteht man unter der Schattenflotte?
Als „Schattenflotte“ wird eine wachsende Zahl von Öltankern bezeichnet, die Russland zum verdeckten Transport von Rohöl nutzt. Diese Schiffe operieren meist unter Billigflaggen, verfügen über intransparente Eigentumsstrukturen, deaktivieren regelmäßig ihre Ortungssysteme (AIS) und führen Schiff-zu-Schiff-Transfers außerhalb regulärer Seehandelsrouten durch. Ziel ist es, die Herkunft und das Ziel des Öls zu verschleiern und so geltende Exportbeschränkungen zu umgehen.
Bereits am 4. Februar 2025 hatte wehrtechnik (wt) im Beitrag
„Maritime Verwundbarkeit: Russlands Schattenflotte als Sicherheitsrisiko in der Ostsee“
auf die sicherheitspolitische Relevanz dieser Entwicklung hingewiesen.
👉 Zum Artikel auf wehrtechnik.info
Inhalt des neuen EU-Sanktionspakets
Mit dem jüngsten Maßnahmenpaket verfolgt die EU das Ziel, bestehende Schlupflöcher im Sanktionssystem zu schließen. Zu den zentralen Punkten gehören:
- Schwarze Liste für rund 200 verdächtige Tanker: Diese Schiffe stehen im Verdacht, aktiv zur Umgehung von Sanktionen eingesetzt zu werden.
- Einlaufverbot in EU-Häfen: Betroffene Schiffe dürfen keine europäischen Häfen mehr anlaufen.
- Sekundärsanktionen gegen Drittstaatenakteure: Unternehmen in Drittstaaten wie der Türkei, Vietnam oder Serbien, die russische Umgehungsstrategien unterstützen, werden ebenfalls sanktioniert.
- Erweiterte Exportverbote: Der Export bestimmter Dual-Use-Güter – etwa Elektronik, Präzisionsmaschinen oder Chemikalien – wird weiter eingeschränkt.
Reaktionen und Einschätzung
Die EU betrachtet die Maßnahmen gegen Russlands Schattenflotte als entscheidenden Schritt zur weiteren Einschränkung russischer Einnahmen aus dem Energieexport. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot erklärte gegenüber dem französischen Nachrichtensender BFM TV, Russland habe Wege gefunden, die bestehenden Sanktionen zu umgehen – und es sei nun notwendig, weitere wirtschaftliche Druckmittel einzusetzen, um diese Umgehungsstrategien wirksam zu unterbinden.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, sprach sich Barrot dafür aus, die Sanktionen deutlich zu verschärfen, um die russische Wirtschaft langfristig zu schwächen und Einnahmequellen aus dem Energiehandel nachhaltig zu beschränken.
(Reuters, 14. Mai 2025)
Gleichzeitig gibt es innerhalb der EU kritische Stimmen zur praktischen Umsetzung. Insbesondere Mitgliedstaaten mit bedeutender Reedereiwirtschaft – wie Griechenland, Malta und Zypern – hatten sich in der Vergangenheit zurückhaltend gegenüber Vorschlägen gezeigt, die etwa den Verkauf von Tankern oder Flaggenwechsel stärker regulieren würden.
Ausblick: Mehr Kontrolle auf hoher See
Die Europäische Kommission plant, die Durchsetzung bestehender Maßnahmen zu intensivieren. Vorgesehen sind unter anderem der verstärkte Abgleich von Ortungsdaten (AIS), eine engere Zusammenarbeit mit internationalen Versicherern und bessere Transparenz in Bezug auf Eigentümer- und Betreiberstrukturen.
Die Schattenflotte bleibt damit nicht nur ein sicherheitspolitisches, sondern auch ein wachsendes Problem für globale Handelsregeln und den Umweltschutz in internationalen Gewässern.
Stand: 14. Mai 2025. Dieser Artikel basiert auf offiziellen EU-Verlautbarungen, Berichten von BFM TV und Reuters sowie ergänzenden Recherchen der Redaktion.