Moderne Kampfflugzeuge wie das von den meisten europäischen Nato-Staaten beschaffte Tarnkappenflugzeug F-35A vereinen viele Fähigkeiten in einem vernetzten „System von Systemen“: integrierte Avionik, offene Architektur, Einsatz in Netzwerken, sichere Kommunikationsverbindungen, Informationsfusion, leistungsstarke Sensoren, vielseitige Waffenzuladung.
Foto: Nato
Der größte der zwei noch bestehenden Tornado-Verbände der Luftwaffe befindet sich in der umfassendsten Modernisierung und Neuordnung seit seiner Aufstellung am 1. Juli 1958. Ab Herbst 2027 werden die ersten Tarnkappenkampfflugzeuge des US-amerikanischen Typs Lockheed Martin F-35A Lightning II an das Taktische Luftwaffengeschwader 33 (TaktLwG 33; bis 30. September 2013 Jagdbombergeschwader 33 bzw. JaboG 33) ausgeliefert. Das Kampfflugzeug der fünften Generation kommt als volldigitalisierte Kampfplattform in den Einsatz.
Dank der integrierten Sensorik und Vernetzung kann die F-35 ein schnelleres und qualitativ hochwertiges Lagebild erzeugen und dieses mit anderen Beteiligten teilen. Im Verbund mit Kampfflugzeugen der vierten Generation wird die F-35 damit kampfkräftiger. Sie kann mit einem erweiterten und präziseren Zielerfassungsbereich aufwarten. Der US-amerikanische General Tod D. Wolters stellte 2019 als Kommandeur USAFE (US Air Forces in Europe und Afrika) heraus: „Die F-35 ist ein System, das zusätzlich zu seinen offensichtlichen Kampffähigkeiten als Force Multiplikator fungiert, indem es Daten über multidisziplinäre Kommando- und Kontrollnetzwerke schnell verbreitet.“
Die neuen Flugzeuge sollen dem Vernehmen nach ihre so genannte Initial Operational Capability – kurz IOC – Ende 2028 erreichen. Dieser Status wird ab dem Zeitpunkt eingenommen, sobald die Luftfahrzeuge einen nutzbaren Wert haben – und an den Nutzer ausgeliefert werden können. Die F-35A fungiert hier als Mehrzweckkampfflugzeug für den Luftangriff, die Luftnahunterstützung (im englischen Sprachgebrauch als Close Air Support oder kurz CAS bezeichnet), die Seezielbekämpfung und die nukleare Teilhabe.


Insgesamt werden 35 F-35A aus dem Bundeswehr-Sondervermögen beschafft. Davon sollen ab Sommer des kommenden Jahres zunächst acht Luftfahrzeuge für Ausbildungs- und Trainingsmaßnahmen in den USA verbleiben. Das „on-the-job“-Training erfolgt u. a. in der Ebbing Air National Guard Base in Fort Smith, Arkansas. Hier werden Piloten der verschiedenen F-35A-Kundennationen ausgebildet.
Um den kontinuierlichen Betrieb der auch für die nukleare Teilhabe vorgesehenen Flugzeuge zu gewährleisten, erfolgen am Standort Büchel fünf große Baumaßnahmen im Bereich der Peripherie- und Kerninfrastruktur: die Grundsanierung der Startbahnen, der Bau des so genannten F-35 Campus sowie der Sheltertore und Abgaskanäle, die Ergänzung des Wide Area Surveillance System (WASS) mit Fahrzeugsperren, die Anpassung der Medienversorgung (Energie). Damit wurde der Flugbetrieb in Büchel für die Zeit der Baumaßnahmen zum Eurofighter-Verband nach Nörvenich (Nordrhein-Westfalen) verlegt.
Der Kommodore des Geschwaders, Oberst Samuel Mbassa, erklärte zu Beginn einer DWT-Informationsveranstaltung in Büchel am 20. Mai, dass die gegenwärtig noch am Standort betriebenen Tornados Schritt für Schritt an die Industrie zurückgegeben werden. Dies erfolgt im Wege einer Effizienzverwertung. Deren Nutzungsdauerende wird Ende 2030 erwartet. Bis dahin erfolgt dann auch noch ein Parallelbetrieb von F-35A und Tornado. Derzeit befinden sich noch 46 (von insgesamt 85) Bundeswehr-Tornados in Büchel.
Mit der Aufgabe der seit 1985 in Büchel eingesetzten Tornados wird es auch zur Auflösung der Waffenunterstützungsstaffel kommen. Neu in Büchel hingegen ist eine Führungsunterstützungsstaffel, die speziell auf die Belange des neuen Kampfflugzeugs zugeschnitten sein wird.
Epilog
Ursula von der Leyens Absage an die F-35 hatte noch vor wenigen Jahren für Unverständnis bei Deutschlands Verbündeten gesorgt, als man als Option das Deutschland seinerzeit angebotene Flugzeugmuster F/A-18 in „die nähere Auswahl“ einbezog – ein Flugzeugmuster der vierten Generation. Befürchtet wurde, dass Deutschland damit einen Alleingang vollziehen würde. Andere wichtige europäische Bündnispartner, die gleichfalls an der nuklearen Teilhabe partizipieren – Italien, die Niederlande und Belgien – hatten sich längst für die Option F-35 entschieden und profitieren so neben der gemeinsamen Pilotenausbildung von einer ebenso gemeinsam geschulterten logistischen Versorgungskette. Mit der Entscheidung „gegen F-35“ hätte sich Deutschland diesen markanten Vorteilen einer multinationalen (europäischen) Zusammenarbeit entzogen.
Von verpassten Chancen kann mit der Entscheidung für die F-35A nicht gesprochen werden. Denn mit einer Auswahlentscheidung für die F-35A kann Deutschland teilhaben an der Nutzung eines logistischen Konzeptes, das gemeinsam von den europäischen Nutzerstaaten entworfen und auf die Anforderungen für eine Nutzungsphase über das Jahr 2065 hinaus zugeschnitten ist. Es sieht vor, dass bei einer gemeinsamen Nutzung desselben Flugzeugtyps erhebliche Kosteneinsparungen vor allem bei der Ausbildung der Fluglehrer sowie der gemeinsamen Ausbildung und beim Training der Piloten und der Bodenorganisation erzielt werden. Zudem sind Kosteneinsparpotenziale bei Unterstützungsleistungen zu erwarten, die schon beim trinationalen Tornado-Programm und aktuell bei der gemeinsamen Nutzung des Eurofighter in „erheblichem Umfang zu einer Harmonisierung des Flugbetriebs führten“, so eine Einschätzung der Europäischen Verteidigungsagentur EDA. Denn zum Eurofighter-Programm der vier daran beteiligten europäischen Nato-Staaten (Deutschland, Großbritannien, Italien, Spanien) führt die Agentur aus, dass damit die Anforderungen der Kunden hinsichtlich Interoperabilität, Pilotenaus- und Weiterbildung sowie Kommunalität bei Wartung, Instandsetzung, Ersatzteilversorgung und Betrieb über das ursprünglich angenommene Maß hinaus erfüllt werden. Nur dadurch erreicht das Waffensystem eine entsprechend hohe Einsatzverfügbarkeit.
Die Ausgangslage bei der F-35 war ähnlich. Die Nutzer profizieren nunmehr von einem logistischen Konzept, das das Ziel verfolgt, die Lebenswegkosten (Life Cycle Costs) so gering wie möglich zu halten. Hierbei wird eine zustandsorientierte Materialerhaltung angestrebt, um die Reparaturdurchlaufzeiten – anders als bei früheren Waffensystemen – zu verkürzen. Die Instandsetzung von Systemkomponenten erfolgt bei der beteiligten Zulieferindustrie gemäß dem „Single Source Repair“-Prinzip. Auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen beim Waffensystem Eurofighter bietet die F-35 den Nutzern die Möglichkeit, maßgeblich im Prozessmanagement, in der Materialsteuerung, in den Werkstattbereichen der Industrie sowie in der Qualitätssicherung und der ingenieurmäßigen Waffensystembetreuung beteiligt zu sein. Die Option F-35 offeriert insofern die Möglichkeit, Kooperationsmodelle mit der Industrie zu vereinbaren, die die gemeinsame Betreuung des Waffensystems durch Nutzer und Industrie in einer Einrichtung gewährleistet. Bei der Option F/A-18 hingegen handelte es sich um einen Flugzeugtyp, der nur begrenztes Potenzial für eine auf Langfristigkeit angelegte Beteiligung der deutschen wehrtechnischen Industrie bietet.
Lesen Sie dazu ergänzend einen F-35A-Sachstand „Die F-35A für die Luftwaffe – Für die nukleare Teilhabe unabdingbar“ in der wt II/III 2025 (ab Seite 66).



