Neuer Ansatz für die Luftlande-Logistik

22/08/2022

Über die Wichtigkeit militärischer Logistik wurde bereits viel geschrieben, noch mehr Erfahrungen in früheren und aktuellen Kriegen gemacht. Gerade die Logistik – bzw. fehlende Logistik – auf russischer Seite im Ukraine-Krieg zeigt sehr deutlich die Herausforderungen auf und wirft immer wieder Fragen nach der Leistungsfähigkeit des russischen Systems bei den Analysten auf. Der Stellenwert wird allen Beteiligten dann bewusst, wenn die Logistik teilweise oder auch ganz ausfällt.

Die Streitkräfte inner- und außerhalb der NATO haben mit der Stärkung der Logistikverbände für motorisierte und mechanisierte Verbände bereits reagiert. Die Luftlande-Logistik scheint jedoch der Entwicklung der Fallschirmjäger bisher nicht gefolgt zu sein.

ENOK AB (CARACAL) mit Anhänger und CRAYLER. (Fotos: ACS)

Einsatzgrundsätze und Ausrüstung der Luftlandetruppen unterlagen in den zurückliegenden Jahren oft einer fast dramatischen Änderung. Vom statischen Moment – nach der Luftlandung – bspw. Als Brückenkopf, hin zu einer beweglichen Gefechtsführung der Luftlandetruppen hat sich der Bedarf an Nichtverbrauchsgütern (NVG) und Massenverbrauchsgütern (MVG) deutlich erhöht. Nicht nur die absolute Menge an Versorgungsgütern, sondern auch die Dynamik der Operation erhöhten die Forderungen an die Leistungsfähigkeit der Luftlande-Logistik.

Während die Kampftruppe sich technisch weiterentwickelt hat, kann man sich dem Eindruck nicht erwehren, dass die Luftlande-Logistik noch immer in der traditionellen Denkweise verhaftet ist. Wie sonst ist es zu erklären, dass innerhalb der NATO Luftlande-Logistikfahrzeuge beschafft werden, welche die zu transportierende Lasten mittels einer Seilwinde auf das Transportfahrzeug ziehen und dabei lediglich eine einzelne Palette mit einem Maximalgewicht von 1 Tonne transportieren können.

Trennung von Funktionalität und Mobilität

Die Unternehmen ACS Armoured Car Systems aus Friedberg in Bayern und PALFINGER aus Österreich haben ein Konzept entwickelt, mit welchem die Leistungsfähigkeit des Luftlande-Logistik gesteigert werden kann.

Dieses Konzept kombiniert den ENOK AB (Airborne; von Rheinmetall als CARACAL angeboten) mit einer Anhängelast von 3.500 kg und einer Nutzlast von 2.200 kg mit dem fernbedienbaren und allradgetriebenen Feldumschlaggerät CRAYLER. Der CRAYLER ist als Feldladegerät FLG 140 bereits seit mehr als 10 Jahren in der Truppe bei der Bundeswehr in Nutzung. Neben der Luftwaffe, sind vor allem die Sanitätskräfte, die Luftlandetruppen sowie in Zukunft das System Panzergrenadier Nutzer.

Durch den Verzicht auf einen Absetzkipper, wie er am MUNGO 2 Mehrzweck (MZ) verbaut ist, bleibt die Nutzlast des ENOK für die zu transportierende Versorgungsgüter sowie die Agilität des Fahrzeuges vollständig erhalten. Mit einem Systemgewicht des Absetzkippers von circa 700 kg wird die Nutzlast der Fahrzeuge in dieser Gewichtsklasse um circa ein Drittel reduziert. Das Be- und Entladen von Gütern mittels des Absetzkippers funktioniert, ist im Feld und abseits der Straße aber eine große Herausforderung. Der Absetzkipper hat bei der Bergung aus der Luft abgesetzter Lasten im Gelände keine wesentlichen Vorteile, sollte die Last nicht gut anfahrbar sein. Der Absetzkipper kann im Feld als Kran eingesetzt werden, jedoch nur bis zur Höhe der Pritsche. Auch das FLG Feldumschlaggerät ermöglicht die Kranfunktion, jedoch mit einer größeren Höhe. Eine Goldrandlösung wird es nicht geben. Wenn sich der Nutzer für einen Absetzkipper entscheidet, dann hat er auf jedem Fahrzeug mehr Gewicht und weniger Agilität.

Die Trennung von Mobilität und Beladefunktion führt zu leichteren und agileren Fahrzeugen, was bei Luftlandeoperationen eine wesentliche Rolle spielt. Gleichzeitig kann ein kleines und leichtes Feldumschlaggerät die Funktion Beladen problemlos abbilden. Und es kann per Anhänger mitgeführt werden. So kann es neben der reinen Beladetätigkeit am ENOK AB auch zum Aufbau für Zelte, Feldlager und andere Einrichtungen herangezogen werden. Ein echtes Multitalent, das dadurch dem Absetzkipper einiges voraushat.

Die Nutzung des CRAYLER ermöglicht den Einsatz mehrerer Varianten aus dem Projekt Luftlandeplattform zum Materialtransport.

Sowohl ENOK AB, als auch der CRAYLER können als Außenlast unter dem NH90 und ähnlicher Hubschraubermuster geflogen werden. Die Fähigkeit beider Systeme in der Airbus CASA geflogen werden zu können erhöht die Flexibilität der Nutzer, sind doch von den 203 Maschinen des Europäisches Lufttransportkommando EATC insgesamt 40 CASA der Muster C235 und C 295.

Die Vorteile der Transportierbarkeit sind sowohl pekuniärer als auch taktischer Art. Deutlich niedrigere Transportkosten, geringere Anforderungen an die Start- und Landestreifen sowie die Möglichkeit die Anzahl der nutzbaren Transportmaschinen des EATC um ein Drittel zu erhöhen verleihen dieser Fähigkeit weitere Bedeutung.

CRAYLER auf Anhänger.

Der CRAYLER kann in der Standardkonfiguration bis zu 1,3 Tonnen Zuladung aufnehmen, und dank großer Bodenfreiheit auch im Gelände überall hin transportieren. Auch ist er per Funk steuerbar, bis zu 300 m Entfernungen. Anläßlich der Eurosatory 2022 wurde der CRAYLER mit Kettenlaufwerken vorgestellt. Damit wird er noch geländegänger – selbst in schwierigstem Gelände – und erhöht die Nutzlast auf 1,6 Tonnen. Die Variante mit Kettenlaufwerk ist bereits in Frankreich bei den Spezialkräften in Nutzung. Die Bundeswehr führt mit Erprobungsmustern noch Feldversuche durch.

Zusammengefasst darf gesagt werden, dass die Kombination des ENOK AB mit dem FLG 140 CRAYLER die Fähigkeiten der Luftlande-Logistik besser abdecken kann. Hohe Umschlagleistung verbunden mit bisher nicht gekannter Mobilität schaffen die Voraussetzung Gefechtswert und Durchhaltefähigkeit der Luftlandekräfte zu steigern. Neben der reinen Leistungsfähigkeit in Form vom mehr Nutzlast erhöht sich auch die Flexibilität erheblich, nicht nur bei der reinen Transportleistung. Der CRAYLER ermöglicht auch ein schnelles Be- und Entladen von LKW und Wechselpritschen, Umsetzen von Lasten zwischen verschiedenen Fahrzeugen, oder von der Rampe eines Airbus A400M auf das Logistikfahrzeug, Bergen abgesetzter Lasten, und vieles mehr. Auch lassen sich ENOK AB (Rheinmetall CARACAL) und CRAYLER als Zugfahrzeug für z.B. Luftlande-Mörser oder Luftlande-Haubitzen problemlos einsetzen. Mit der Kombination kann eine Versorgung bis hinein in die Feuerstellungen mit Munition erfolgen, auch eine Unterstützung beim Stellungswechsel. Der Materialtransport kann flexibel verschiedenste Fahrzeugvarianten nutzen.

Eine deutscher NH90 und einem CRAYLER, mit niederländischem 120 mm Mörser zur Erhöhung der Mobilität und Durchhaltefähigkeit der niederländischen Mörserkompanie. (Foto: DSK/AF)

Pressemitteilung

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