12. November 2024: Die feierliche Namensgebungszeremonie des sechsten Uboots aus der DOLPHIN-Klasse, INS „Drakon“, am Werftstandort von thyssenkrupp Marine Systems in Kiel. Das Boot verfügt – im Vergleich zu den beiden Schwesterbooten INS „Tanin“ und INS „Rahav“ über einen nach hinten verlängerten Turm. Foto: Michael Nitz

Kurs halten: Antworten zur deutsch-israelischen Sicherheitspartnerschaft

Stefan Nitschke

12. November 2024: Die feierliche Namensgebungszeremonie des sechsten Uboots
aus der DOLPHIN-Klasse, INS „Drakon“, am Werftstandort von thyssenkrupp Marine Systems
in Kiel. Das Boot verfügt – im Vergleich zu den beiden Schwesterbooten INS „Tanin“ und
INS „Rahav“ über einen nach hinten verlängerten Turm.

Foto: Michael Nitz

Die deutsch-israelische Sicherheitspartnerschaft ist Programm. Sie lebt von einer starken Vertrauensbasis. Sie ist aber auch Garant dafür, dass die Streitkräfte der beiden Länder von hoch entwickelten und im internationalen Maßstab einzigartigen Technologien profitieren, ohne dass es in der Rückschau zu langwierigen zeitlichen Verschiebungen oder gar Projektabbrüchen gekommen wäre.

Die Zusammenarbeit beider Staaten wurde auf vielen Gebieten der Verteidigungselektronik (z. B. Stör- und Täuschsysteme für Kampfflugzeuge) und Lenkflugkörper intensiviert. Wie wichtig den Regierungen der beiden Länder die Zusammenarbeit ist, zeigte der erste Golfkrieg 1991. Seinerzeit waren irakische Scud-Angriffe auf israelisches Staatsgebiet der Anlass dafür, dass Deutschland den israelischen Streitkräften Luftverteidigungssysteme vom Typ Patriot PAC 1 und ABC-Spürpanzer Fuchs bereitstellte. Darüber hinaus wurde mit der Bundesregierung unter Kanzler Helmut Kohl die Finanzierung und Entwicklung von drei Ubooten vom Typ DOLPHIN (DOLPHIN I) vereinbart. Dieses erste Baulos – ausgestattet mit dieselelektrischem Antrieb – wurde zwischen 1998 und 2000 an Israel ausgeliefert und stellte das bis dahin größte Rüstungsvorhaben mit dem Staat Israel dar.

Die Uboot-Kooperation setzte sich in den Folgejahren – unter der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder – mit einem zweiten Los DOLPHIN (DOLPHIN II), bestehend aus zunächst zwei Booten, fort. Zur Bedeutung dieser Rüstungskooperation mit Israel erklärte Schröder wörtlich: „Ich will ganz unmissverständlich sagen: Israel bekommt das, was es für die Aufrechterhaltung seiner Sicherheit braucht, und es bekommt es dann, wenn es gebraucht wird.“ Die Baugenehmigung für die dritte Einheit DOLPHIN II wurde durch das Kabinett Merkel I erteilt. Diesem Baulos folgt nun ein drittes Los aus Ubooten mit außenluftunabhängigem Antrieb. Der Vertrag dazu wurde am 20. Januar 2022 unterzeichnet. Er umfasst neben der Lieferung von drei Booten (DAKAR-Klasse) auch die Einrichtung eines Simulators in Israel, logistische Unterstützung und die Lieferung von Ersatzteilen im Gesamtumfang von etwa €3 Mrd. Die Bedeutung dieses Vorhabens zeigt – wie schon die beiden ersten Bauverträge – die Übernahme eines Teils der Baukosten – immerhin €540 Mio. – durch Deutschland. Ihnen schließen sich mehr als €850 Mio. im Rahmen einer Industriekooperation mit israelischen Unternehmen des Verteidigungssektors an – eine Dimension der wehrtechnischen Industriekooperation, die in der Zusammenarbeit mit Deutschland ihresgleichen sucht.

Der israelische Mehrfachraketenwerfer PULS wird als Nachbeschaffung für an die Ukraine abgegebene MARS-Werfer Modernisierungsimpulse bei der Reichweitensteigerung der deutschen Raketenartillerie setzen. Foto: Elbit Systems
Der israelische Mehrfachraketenwerfer PULS wird als Nachbeschaffung für an die Ukraine abgegebene MARS-Werfer Modernisierungsimpulse bei der Reichweitensteigerung der deutschen Raketenartillerie setzen. Foto: Elbit Systems

Abgesehen davon gelang es der israelischen Rüstungsindustrie in den zurückliegenden Jahren über ein sehr starkes politisches Lobbying, diese Zusammenarbeit mit Deutschland deutlich auszubauen. Zu den erfolgreichsten Vorhaben gehört das Lenkwaffensystem EuroSpike, für das sich das Deutsche Heer entschieden hat und welches in einem Gemeinschaftsunternehmen – EuroSpike GmbH – der drei Unternehmen Diehl Defence, Rheinmetall Defence und Rafael realisiert wird. Damit gelang erstmalig eine Positionierung im deutschen Lenkflugkörpermarkt, der bis dahin von der deutsch-französischen Zusammenarbeit bestimmt war. Dieser „Einbruch“ bedeutete einen herben Schlag für die sonst stark politisch favorisierte deutsch-französische Rüstungskooperation insbesondere auf dem Gebiet von Panzerabwehrwaffen. Israel verfügt in diesem Segment über herausragende Industriekompetenzen.

Auf dem Gebiet der Heeresrüstung tun sich weitere Chancen auf. So für den Konzern Rheinmetall Defence, der mit dem israelischen Unternehmen UVision Air Ltd. eine strategische Partnerschaft im stark wachsenden Marktsegment der Loitering Munition vereinbart hat. Beide Industriepartner bieten eine ganze Familie von marktverfügbaren Lösungen für eine vielseitig einsetzbare Loitering Munition an. Das Partnerschaftsabkommen sieht in einer ersten Phase die Vermarktung der Loitering Munitionsfamilie Hero in Europa vor. In einem zweiten Schritt sind dann gemeinsame Entwicklungsaktivitäten vorgesehen. Hierbei ist von Bedeutung, dass sich Rheinmetall und UVision mit ihren Kompetenzen und Möglichkeiten komplementär ergänzen.

Rheinmetall bekräftigt, dass es damit seine umfangreiche Produktpalette der militärischen Kampf- und Übungsmunition im Kaliberspektrum von 20 mm bis 155 mm um einen neuen, hochmodernen Munitionstyp komplettiert. In diesem Bereich, in dem die Grenzen zwischen unbemannten Luftfahrzeugen (Drohnen) und intelligenter Munition allmählich verwischen, hat die israelische Industrie insgesamt viel zu bieten – von Vorphasenaktivitäten bis zur Serienfertigung.

Die Zusammenarbeit der israelischen und deutschen wehrtechnischen Industrie spiegelt sich in einem aktuellen Projekt: die Ausstattung des deutschen Kampfpanzers Leopard 2 in der Konfiguration A7 A1 mit dem abstandsaktiven Schutzsystem Trophy. Das aktive Schutzsystem befindet sich bei den israelischen Streitkräften bereits seit einiger Zeit in der Nutzung. Jetzt profitieren auch die deutschen Streitkräfte von den einzigartigen Systemeigenschaften dieses Schutzsystems. Vizeadmiral Carsten Stawitzki, Abteilungsleiter Rüstung im BMVg, analysierte in seinem Grußwort anlässlich des Roll-outs des Leopard 2 A7A1 (am 29. Oktober 2024 bei KNDS in München-Allach), dass die Freundschaft zwischen den beiden Ländern u. a. das Resultat einer jahrzehntelangen partnerschaftlichen Zusammenarbeit in militärischen und rüstungstechnologischen Fragen ist. Das Trophy-System steht hierbei für eine professionelle Zusammenarbeit mit der israelischen Industrie.

Der Krieg in der Ukraine befördert weitere Ansätze für eine intensive Zusammenarbeit der beiden Länder – insbesondere in dem eingangs skizzierten Bereich Aktive Schutzsysteme für Kampfpanzer sowie auf den Gebieten der bodengebundenen Luftverteidigung und der reichweitengesteigerten Raketenartillerie. Letztere fußt auf dem israelischen Mehrfachraketenwerfer PULS – ein weitreichendes Waffensystem, das sich derzeit einer wachsenden internationalen Zustimmung erfreut (wt berichtet im Juni).

Im September 2023 hatten KNDS und Elbit Systems eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, die eine strategische Zusammenarbeit bei dem als EuroPULS bekannten Raketenartilleriesystem der nächsten Generation vorsieht. Unter der Bezeichnung EuroPULS kombiniert dieses Waffensystem synergetisch die Fähigkeiten von KNDS als Systemhaus mit denen des israelischen Technologiekonzerns Elbit Systems.

Zudem hat sich Deutschland für den Erhalt des aus israelisch-US-amerikanischer Entwicklung stammenden Waffensystems Arrow entschieden. Im Projekt „Waffensystem Territoriale Flugkörperabwehr“ – kurz WaSys TerrFKAbw – wird im Rahmen einer israelisch-deutschen Kooperation der Abwehrlenkflugkörper Arrow 3 eine Fähigkeit zur exoatmosphärischen Abwehr von ballistischen Flugkörpern großer Reichweite herstellen. Hier ist der israelische Rüstungskonzern Israel Aerospace Industries (IAI) ein bewährter Partner.

Israel und Deutschland vereint ein gemeinsames Sicherheitsinteresse. Die davon betroffenen wehrtechnischen Industrien beider Länder können hierbei auf eine lange Tradition der Rüstungskooperation zurückblicken. Die hier skizzierte Auswahl an hoch aktuellen Projekten ist ein klares Bekenntnis dafür, dass diese Zusammenarbeit auf Langfristigkeit ausgerichtet ist.

Die aus israelischer Fertigung stammende Großdrohne German Heron TP – hier die erste an die Luftwaffe übergebene Maschine mit Tiger-Sonderfolierung am 27. Mai 2024 – war im Rahmen der Nato-Übung „Tiger Meet 2024“ beim Taktischen Luftwaffengeschwader 51 Immelmann eingesetzt. Ihr offizieller Erstflug im deutschen Luftraum erfolgte am 15. Mai 2024. Foto: Bundeswehr/Ann-Kathrin Steinbring
Die aus israelischer Fertigung stammende Großdrohne German Heron TP – hier die erste an die Luftwaffe übergebene Maschine mit Tiger-Sonderfolierung am 27. Mai 2024 – war im Rahmen der Nato-Übung „Tiger Meet 2024“ beim Taktischen Luftwaffengeschwader 51 Immelmann eingesetzt. Ihr offizieller Erstflug im deutschen Luftraum erfolgte am 15. Mai 2024. Foto: Bundeswehr/Ann-Kathrin Steinbring

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