Kolumne: Bundeswehr ohne Munition

12/12/2022

Die Bundeswehr sollte sich dank eines im vergangenen Jahr am 27. Februar durch Bundeskanzler Scholz ausgerufenen 100 Milliarden Sondervermögens zu einer leistungsfähigen, hochmodernen und fortschrittlichen Armee entwickeln. Die Mittel sollten für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben genutzt werden. Das Bundeswehr-Ertüchtigungsvorhaben nahm einen schleppenden, zögerlichen Anfang. Die Auftragseingänge bei der Industrie sind verhalten oder kaum messbar. Und vieles liegt in der Natur der Beschaffung. Diese ist so fehlerhaft, dass es nicht gelingen wird, die Streitkräfte innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens auf den gewollten Stand zu bringen. „Der Apparat funktioniert nicht“, war im Dezember aus Industriekreisen zu hören. Und das vor dem Hintergrund zunehmender Erschöpfung der materiellen Reserven. Die Munitionsdepots sind praktisch leer. Ein Ergebnis: Die Unterstützung vor allem der osteuropäischen Bündnispartner im Zuge des einst großspurig angekündigten „Ringtausches“ funktioniert nicht.

Im Interesse vieler Kunden, der LEOPARD 2 Kampfpanzer. Aber die Voraussetzungen für eine größere Produktion müssen frühzeitig angeschoben werden. (Foto: Bundeswehr)

Zum Ende des Jahres (am 28. November) sollte ein schleunigst einberufener „Munitionsgipfel“ – eher ein Informationsgespräch mit der Industrie auf Beamtenebene – grundsätzliche Produktionsfragen klären helfen. Denn die Bundeswehr lechzt nach vielen Jahren des „Kaputtsparens“ nach aufgefüllten Beständen an Munition, Ersatzteilen, Kampf- und Schützenpanzern, schwerer Artillerie, Flugabwehr. Es fehlt vor allem an Raketen- und Rohrartillerie. Hier ist das Heer nicht gut gerüstet. Unbestritten ist, dass der Etat zum 100 Milliarden Sondervermögen schlecht geplant wurde. Dies führt dazu, dass wichtige Beschaffungsvorhaben in Frage gestellt werden. Nach einem verzögerten Start und kaum substanziellen Bestellungen für das Heer hat das BMVg einen gehörigen Teil der geplanten Anschaffungen aus der 100-Milliarden-Anleihe des Bundes wieder streichen müssen. Zu den sechs Projekten, die nun zumindest vorläufig zurückgestellt werden, gehört die Nachfolge des Transportpanzers Fuchs. Der Urgedanke des Sondervermögens war doch, zusätzliches Geld zu nutzen, um der Bundeswehr Material rascher und in größerer Menge zukommen zu lassen, als der leicht gestiegene Haushaltsetat von etwa 50 Milliarden es zuließe. Die Ertüchtigung der Bundeswehr aber würde nach Meinung der panzerbauenden Industrie jährlich zwischen 60 und 70 Milliarden Euro benötigen. Zugleich würde durch zügige Investitionen dafür gesorgt, dass Deutschland erstmals das Nato-Ziel einhält, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Das hatte Kanzler Scholz in seiner ersten Rede zur so genannten Zeitenwende am 27. Februar zugesagt.

Andere Länder sind mal wieder schneller. Auch Deutschland liegt z.B. aus Griechenland eine entsprechende Erklärung seit Monaten vor.

Hier kommt die wehrtechnische Industrie ins Spiel: Sie muss (und wird) vorbereitet sein auf die „große“ Bundeswehr-Ertüchtigung. Produktionskapazitäten müssen hochgefahren werden für Munition, Kampf- und Schützenpanzer, schwere Artillerie, Luftverteidigungssysteme. Dazu braucht es aber dringend politische Impulse – und Bestellungen. Bislang mangelt es an beidem. Diese nationalen Produktionskapazitäten sind von Nöten, um den gestiegenen Bedarf der Bundeswehr sowie der EU und europäischen Nato-Partner zu decken. Immerhin wird mit der Bestellung von 200 Leopard 2 A7-Kampfpanzern, 150-200 Haubitzen und 200-250 Schützenpanzern (Lynx/Puma) gerechnet. Ob es wirklich eines „Munitionsgipfels“ bedurfte, ist fraglich, denn jede bloße Mengenanalyse – im BMVg und bei der militärischen Führung – hätte genügt, das längst bekannte Fehl bei Großgerät und Munition zu identifizieren.

Könnte zum Verkaufsschlager werden, u.a. Griechenland hat Interesse. (Foto: Rheinmetall)

Stefan Nitschke

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